ABZ-Ratgeber - Nachfolge regeln

Den Schreibtisch leer räumen und den Hut nehmen

Als Hauptgrund für den Rückgang der Bäckereibetriebe in Deutschland werten Branchenkenner die oft vergebliche Suche nach einem Nachfolger bei altersbedingter Aufgabe.

Eine Geschäftsführerin eines Bäckerinnungsverbands betont, dass Insolvenzen diesbezüglich kaum ins Gewicht fallen. Tatsache aber sei, dass es an Nachfolgern mangle. Auch, weil die bürokratischen Belastungen und Dokumentationspflichten im Lebensmittelhandwerk so groß seien, dass junge Leute als Betriebsinhaber im Bäckerhandwerk keine Perspektiven sehen würden – und weil die Betriebe nicht immer zukunftsfähig aufgestellt seien. 

Laut einem Berater für das Bäcker- und Konditorenhandwerk sind jungen Leuten zudem attraktive Startbedingungen immer wichtiger, das Risiko des Scheiterns bei einer Übernahme sollte daher minimiert werden.

Zu viele Bäcker haben lange gute Geschäfte gemacht und lassen es dann im Alter gewissermaßen auslaufen. Aber wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, hat mit Blick auf die geplante Altersvorsorge mittels Betriebsübergabe – in welcher Form auch immer – schlechte Karten. Das heißt, Investitionsstaus sind die häufigsten Gründe dafür, dass Unternehmen in der Backbranche nicht attraktiv genug für potenzielle Einsteiger sind.
Berater Bäcker- und Konditorenhandwerk




Ist ein Nachfolger gefunden, ist eine Hürde überwunden. Ganz so einfach ist der Wechsel in den Ruhestand für einen Unternehmer jedoch nicht. Eine Betriebsübergabe ist ein Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann, sämtliche Unternehmensbereiche berührt und nicht zuletzt bei der Personalführung viel Fingerspitzengefühl verlangt.


In vielen Handwerksbetrieben ist das Know-how des Chefs – und in den heutigen Zeiten des Fachkräftemangels gerade das Know-how der Mitarbeiter – das eigentliche Kapital. Das weiterzugeben ist deutlich schwieriger als die Maschinen und Gebäude zu verkaufen.

Fünf Tipps für eine gute Übergabe:

1. Den Wandel verhandeln

Nachfolge heißt Veränderung für alle – egal ob Inhaber, Übernehmer, Familie oder Mitarbeiter. Nur wenn alle Beteiligten in den Prozess eingebunden sind und mitgenommen werden, wird der Nachfolgeprozess ein Erfolg.

Also müssen alle Interessen und Ideen auf den Tisch. Nur so können Kompromisse ausgehandelt und Konflikte vermieden werden.

Je gründlicher hier nachgedacht wird und je genauer hingeschaut wird, desto leichter wird der weitere Weg.


2. Das Chefsein lernen

Chef ist nicht gleich Chef: Der eine hat jahrzehntelange Erfahrung, kennt seine Leute mindestens so gut wie die eigene Familie und weiß von jedem Mitarbeiter, wohin der letzte Urlaub ging.

Der andere hat vielleicht gerade die Meisterschule hinter sich und den Kopf voller neuer Ideen. Was hilft? Erst einmal ein nüchterner Abgleich.

Was also muss der neue Chef mindestens so gut können wie der alte? Worüber sollte er unbedingt Bescheid wissen?

Mit Hilfe eines individuellen Entwicklungsplans kann sich der Übernehmer schrittweise auf die neue Aufgabe vorbereiten.

Dort können notwendige Schulungen, eine Vorstellungsrunde bei wichtigen Geschäftspartnern und Kunden, das Kennenlernen anderer Aufgabenbereiche im Betrieb oder die Übernahme von Führungstätigkeiten vermerkt und zeitlich eingeplant werden.

So kommt keine Überforderung auf – und das Unvorhergesehene kann eingeschoben werden, ohne dass anderes untergeht.




3. Die Belegschaft mitnehmen

Der nächste Punkt ist der Einbezug der Mitarbeiter – und der ist äußerst wichtig. Schließlich wäre es fatal, einen Betrieb zu übernehmen und ohne Mannschaft dazustehen, da sich die Mitarbeiter übergangen fühlen und einer nach dem anderen kündigt.

Um dem entgegenzuwirken, kann ein Kommunikationsplan erstellt werden, der festhält, wann welche Information bekannt gegeben wird.

Am besten ist es, die Mitarbeiter von Anfang an ins Boot zu holen und auch ihre Wünsche mit einzubeziehen. Denn nur Transparenz und Mitbestimmung sorgen für Akzeptanz, Vertrauen und den Erfolg der Übergabe.

Eine zu späte oder fehlende Kommunikation hingegen kann dazu führen, dass sich die Mitarbeiter bereits auf Stellensuche begeben und den Betrieb wechseln, da sie ihre Arbeitsstelle für nicht mehr sicher erachten.




Leider kann der Vorgang noch auf der Zielgeraden scheitern, weil die Seniorchefs Angst haben, loszulassen. Da spielen auch familiäre Emotionen mit rein. Das kann vor allem bei Übergaben an familienfremde Kandidaten passieren. Es ist auf jeden Fall ein Argument dafür, sich für den Übergabeprozess professionelle Hilfe zu holen.
Berater Bäcker- und Konditorenhandwerk


4. Die Korken dürfen knallen

Wichtig in der Nachfolgeplanung ist daher auch, dass alles auf eine „Veranstaltung“ mit konkretem Datum hinausläuft.

Dabei soll der Übergeber ganz offiziell übergeben und aus dem Betrieb ausscheiden, was wiederum dem Übernehmer die Chance gibt, seinen Einstand zu feiern. Dies sorgt für klare Verhältnisse und hilft bei der zeitlichen Planung vorab.

5. Den Neuen machen lassen

Nach der großen Feier ist die Übergabe geschafft. Allerdings ist das noch kein Grund, in der Aufmerksamkeit nachzulassen. Denn jetzt beginnt die eigentliche Übernahme. Nun geht es darum, den Übernehmer zum neuen Chef zu machen.

Das bedeutet, dass er sich Zeit nehmen sollte für seine neuen Mitarbeiter und jede Menge Gespräche führen. Hierbei stehen vor allem Vertrauensaufbau, Wertschätzung und Kennenlernen im Vordergrund.

Der frühere Chef kann beratend zur Seite stehen, sollte sich aber aus den aktiven Geschäften heraushalten. In dieser Zeit wird der Grundstein für eine gute Zusammenarbeit gelegt und damit für den Erfolg des ganzen Unternehmens.


Auf einen Blick
  1. Alle Beteiligten in den Prozess einbinden und jeweilige Interessen offenlegen
  2. Individuellen Entwicklungsplan für den neuen Chef erstellen, in welchem z.B. nötige Schulungen und Kennenlerngespräche vermerkt werden
  3. Mitarbeiter und deren Wünsche miteinbeziehen, dies sorgt für Vertrauen und Akzeptanz
  4. Offiziellen Übergabetermin bestimmen 
  5. Kennenlernen der Mitarbeiter durch den neuen Chef, Aufbau von Vertrauen und Wertschätzung