Nichts als bürokratischer Aufwand? Durch die CSRD werden künftig mehr Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte verfassen müssen.
Der regulatorische Druck auf den Mittelstand steigt. Dafür sorgt unter anderem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).
Eine neue Studie von PwC zeigt, dass die Unternehmen noch Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeits-Reporting haben. Zunächst betroffen sind größere Unternehmen, zu denen aber auch Bäckerei-Großfilialisten durchaus gehören.
Mittelständische Unternehmen in Deutschland zeigen sich angesichts der künftig geltenden Berichtspflichten überfordert. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens PwC. 76 Prozent der befragten Mittelständler sehen einen großen organisatorischen und bürokratischen Aufwand auf sich zukommen. Im Fokus ihrer Befürchtungen steht die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Die CSRD sieht vor, dass Unternehmen über ihre Aktivitäten in den Bereichen Ökologie, Soziales und Governance (nachhaltige Unternehmensführung) berichten.
Künftig mehr berichtspflichtige Unternehmen
Die EU weitet mit der neuen Richtlinie die Berichtspflichten für Unternehmen stark aus. Unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung sollen künftig alle Organisationen einen Nachhaltigkeitsbericht verfassen, die zwei der folgenden Merkmale erfüllen: eine Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro, ein Umsatz von mindestens 40 Millionen Euro oder mindestens 250 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt. Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft werden dadurch in Zukunft rund 15.000 Betriebe in Deutschland berichtspflichtig sein.
Mittelstand noch nicht gewappnet für CSRD
Die neuen Berichtspflichten werden gestaffelt eingeführt. Ab 2025 müssen die ersten Unternehmen einen CSRD-konformen Bericht für das Geschäftsjahr 2024 vorlegen. Viele mittelständische Unternehmen werden ab 2026 beziehungsweise 2027 einen entsprechenden Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Mehrheit der von PwC befragten Unternehmen zumindest einen ersten Überblick in Sachen CSRD verschafft (63 Prozent). Lediglich 6 Prozent haben die Analyse der CSRD-bedingten Anforderungen abgeschlossen. Mehr als jedes vierte befragte Unternehmen hat sich jedoch noch nicht mit den neuen regulatorischen Vorgaben befasst.
Digitalisierungsdefizite erschweren Umsetzung der CSRD
Das Nachhaltigkeits-Reporting ist für Unternehmen nicht selten eine Herausforderung. Nicolette Behncke, Partnerin im Bereich Sustainability Services bei PwC Deutschland, empfiehlt daher, „sich zügig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das gilt vor allem für Unternehmen, die neu in die Nachhaltigkeitsberichterstattung einsteigen“. Die befragten Mittelständler spüren bereits jetzt den Zeitdruck: Für sieben von zehn Unternehmen gehört die fehlende Zeit für die Umsetzung der CSRD zu den größten Herausforderungen.
Ein deutlich tiefgreifenderes Problem offenbart sich jedoch im Hinblick auf die Dateninfrastruktur der befragten Unternehmen. 73 Prozent berichten, dass sie die Erhebung, Verarbeitung und Analyse von nachhaltigkeitsbezogenen Daten vor eine große Herausforderung stellt. Genau diese Prozessschritte sind jedoch die Voraussetzungen dafür, um qualitativ hochwertige Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. „Jetzt macht sich bemerkbar, dass ein Teil der mittelständischen Unternehmen beim Thema Digitalisierung seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die digitale Transformation ist eine erhebliche Erleichterung, um eine stark datengetriebene Aufgabe wie die Umsetzung der CSRD zu bewältigen“, sagt Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland. „Spätestens jetzt ist es an der Zeit, neue Prozesse und Technologien zu etablieren.“
Transparent informieren, strategisches Risiko vermeiden
Mit der CSRD trägt die EU der gestiegenen Nachfrage nach Nachhaltigkeitsinformationen Rechnung. Unter anderem Investoren, Kredit- und Auftraggeber wollen heute immer häufiger über die Nachhaltigkeitsaktivitäten eines Unternehmens informiert werden. Dies trifft auch auf die Stakeholder von mittelständischen Unternehmen zu. Denn manche Großunternehmen verlangen von ihren Zulieferern einen Nachhaltigkeitsbericht, auch wenn diese rechtlich noch nicht dazu verpflichtet sind. Unternehmen, die in einem solchen Fall die geforderten Nachhaltigkeitskennzahlen parat haben, verschaffen sich laut Nicolette Behncke „enorme“ Vorteile: „eine Top-Position im Wettbewerb, gesellschaftliche Akzeptanz, eine starke Marke als Arbeitgeber und Glaubwürdigkeit gegenüber Kreditgebern.“ Im Umkehrschluss bedeutet das: Unternehmen, die sich nicht mit nachhaltigkeitsbezogenen Fragen beschäftigen, gehen ein strategisches Risiko ein.
Für die Studie „ESG-Strategie und -Berichterstattung: Chance und Herausforderung für den deutschen Mittelstand“ hat PwC gemeinsam mit dem Institut für Management und Innovation (IMI) der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen insgesamt knapp 160 mittelständische Unternehmen in Deutschland befragt. Die Betriebe stammen überwiegend aus dem verarbeitenden Gewerbe. Jeweils gut die Hälfte der befragten Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von unter beziehungsweise mehr als 200 Millionen Euro. Die befragten Unternehmensvertreter sind unter anderem in den Organisationsbereichen Nachhaltigkeit (48 Prozent), der Geschäftsleitung (23 Prozent) und im Finanzwesen beziehungsweise Controlling (13 Prozent) tätig.
Dieser Text erschien zuerst auf www.agrarzeitung.de.